Wir freuen uns sehr, an dem Abend Prof. Dr. Frank Grüner, Professor für Osteuropäische Geschichte an der Uni Bielefeld, für ein anschließendes Kino-Gespräch zum Film und zu Antisemitismus in der Sowjetunion begrüßen zu dürfen!
Zur Doku:
Die Sowjetunion betrachtete sich als den „Staat des ganzen Volkes“, in dem gleiche Rechte für alle Bürger_innen tatsächlich verwirklicht wären. In der Realität jedoch wurden Juden und Jüdinnen pauschal verdächtigt, dem sowjetischen Staat gegenüber illoyal zu sein. Der Abschnitt 5 des sowjetischen Personalausweises gab Auskunft über die Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe („natsionalnost“). Wer den Eintrag „Jüdisch“ („jewrej“) in Abschnitt 5 stehen hatte, wurde automatisch stigmatisiert.
In einer Collage aus historischem Archivmaterial, Off-Kommentar, Fotografien und Interviews zeichnet der Film von Lilia Tzovkbenkel und Boris Maftsir ein Panorama des Antisemitismus in der UdSSR von 1950 bis 1990. Dabei prallen zwei Perspektiven aufeinander: auf der einen Seite die offizielle Propaganda eines Landes, in dem angeblich alle Sprachen und Kulturen gleichgestellt waren und auf der anderen Seite die Berichte über allgegenwärtige Diskriminierung.
Die interviewten Zeitzeug_innen, die Anfang der 1990er Jahre aus der Sowjetunion nach Israel auswanderten, schildern, wie sie auf unterschiedliche Weise mit den Beleidigungen, Angriffen und der Diskriminierung umgingen. Doch alle mussten die gleiche bittere Erfahrung machen: Selbst als gut integrierte sowjetische Bürger_innen wurden sie von Mitmenschen und Behörden als Menschen zweiter Klasse behandelt – manchmal sogar ganz offiziell und behördlich.Die Vielstimmigkeit der Aussagen verdichtet sich zu einem gemeinsamen Eindruck, den der Film in deutlichen Kontrast zur offiziellen Staatspropaganda stellt: Niemand sprach offen über den allgegenwärtigen Antisemitismus – aber alle wussten davon.
Trailer zu finden unter: https://www.ruthfilms.com/5th-paragraph-invalids.html
(Textverantwortlich: KK)