Decoder
Decoder Still

Der (west-)deutsche Film in den 1980er Jahren: Die Zeit des „Neuen Deutschen Films“ ist zu Ende, die wenigen deutschen Filme, die in den Kinos Erfolg haben, sind klamaukige Komödien. Doch im Untergrund blüht das Experiment des Independentfilms. In einer Mischung aus Cyberpunk und Gegenkultur entsteht in Hamburg „Decoder“. Der Videokünstler Muscha (1951 – 2003) schafft es, trotz kleinem Budget, zahlreiche Persönlichkeiten der Industrialszene und Idole wie den Autor William S. Burroughs, Genesis P-Orridge oder Christiane F. vom Mitwirken zu überzeugen.
Angeregt ist der Film durch Burroughs Überlegungen zu einer „Electronic Revolution“: FM (FM Einheit) ist Mitarbeiter eines Burgerladens, der entdeckt, Muzak (umgangssprachlich auch „Fahrstuhlmusik“) elektronisch so zu verfremden, dass die Bevölkerung zur Revolte gegen den Überwachungsstaat bewegt werden kann. In der Folge schließt er sich einer Stadtguerilla an, doch der Agent Jäger (Bill Rice) heftet sich an seine Fersen, dessen Aufgabe es ist, Dissidenten aufzuspüren.
Was Muscha nicht mag, ist Überintellektualisierung im Film. ‚Wichtig war‘, sagt er zu DECODER, ‚die Story so zu zerstören, daß es keine sozialkritische Bilderbuchgeschichte wird.‘ […] Muscha macht nicht nur Film, er lebt Film. ‚Reproduzierte Gefühle haben mich immer schon mehr berührt als Allerweltsgefühle. Die Realität interessiert mich einen Scheißdreck. Es ist so, als stünde ich immer in einer Inszenierung, die ich gerade mache.‘ Das obsessive Verhältnis zur Welt der bewegten Bilder strahlt auch auf die Arbeit aus. […] Der Film klingt, thrillt, leuchtet. … Ein Leckerbissen für Augenmenschen.“ Muscha im Interview von Peter Glaser, Magazin „Überblick“ (1983)

(Textverantwortlich: JR)