Brasilien. Militärdiktatur. Zwei, die sich eine Gefängniszelle teilen und unterschiedlicher nicht sein könnten. Journalist Valentin (Juliá) sitzt wegen seiner politischen Aktivitäten ein. Molina (Hurt), Schaufensterdekorateur, wird die Verführung eines Minderjährigen vorgeworfen. Anfänglich lehnt der homo- und transphobe Valentin Molina völlig ab. Dieser liebt Männer, fühlt sich jedoch als Frau und träumt sich in die Welt seiner angebeteten Stars und Sternchen aus Hollywoodmelodramen und Nazipropagandafilmen. Aber Molina ist es auch, dessen Sorge um seinen Mithäftling beider Verhältnis eine entscheidende Wendung gibt, als der aufgrund von Folter und einer rätselhaften Krankheit immer schwächer wird. Valentin lässt sich nun Molinas Kinoschwärmereien gefallen, die uns mit Film-im-Film-Sequenzen (mit Sônia Braga in verschiedenen Rollen) eine weitere surreal-psychologische Ebene der Figuren eröffnen. Doch wieder geschieht Unvorhergesehenes.
Ein berührender Film nicht nur wegen seiner beiden Hauptdarsteller, sondern auch aus der zeitgeschichtlichen Perspektive des von Diktaturen und Bürgerkriegen aufgeriebenen Lateinamerikas der frühen 1980er sowie einer weltweiten Hexenjagd gegen Homosexuelle mit Anbruch des AIDS-Zeitalters. William Hurt erhielt einen Oscar; beeindruckend ist auch Raúl Juliá, der sich später als Gómez Addams in die Herzen eines internationalen Komödienpublikums spielte. Die in Brasilien gedrehte Low Budget-Produktion erlangte vier weitere Oscarnominierungen; eine davon ging an Héctor Babenco und machte ihn zum ersten lateinamerikanischen Regisseur in dieser Kategorie. Zuvor hatte der gebürtige Argentinier bereits in Brasilien u.a. mit „Pixote“ („Asphalt-Haie“, 1981) Filmgeschichte geschrieben.
Der Kuss der Spinnenfrau