Double Feature: Filmfarsi & Gavaznhā / Die Hirsche
Double Feature: Filmfarsi & Gavaznhā / Die Hirsche Still

Zweiter Film:
Gavaznhā / Die Hirsche
Regie: Masoud Kimiai
Iran 1974, 118 Min, Farsi mit englischen Untertiteln., DCP
Mit Behruz Vossoughi, Faramarz Gharibian  u.a.

„Filmfarsi“-Regisseur Ehsan Khoshbakht steht nach seinem Film für ein Gespräch per Videokonferenz zur Verfügung.

Und hier die Filmtexte zu beiden Filmen:

Filmfarsi
Iranisches Kino, das ist für viele heute gleichbedeutend mit international bekannten und preisgekrönten Filmemachern wie Abbas Kiarostami („Der Geschmack der Kirsche“ 1997) oder Jafar Panahi („Taxi Teheran“, 2015).
Doch Regisseur Ehsan Khoshbakht beschäftigt sich in seinem Dokumentarfilm „Filmfarsi“ mit einer Zeit der iranischen Kinogeschichte, die zu einem großen Teil verloren (wortwörtlich, denn die Filme existieren heute fast ausschließlich nur auf alten VHS-Kassetten) und außerhalb seines Heimatlandes fast vollständig unbekannt ist.
In den 1960er und 1970er Jahren war Film im Iran melodramatisch, sensationslüstern und Spiegel einer höchst widersprüchlichen und facettenreichen Gesellschaft. Die zumeist kleinkriminellen Helden dieses Kinos sind hin und hergerissen zwischen religiöser Tradition und westlich orientierter Moderne und wissen sich oft nur mit geballten Fäusten der Welt gegenüberzustellen. Und die Frauen? Auch sie leiden unter der scheinbaren Freiheit Minirock und Hijab zugleich tragen zu können.
Khoshbakht hat einen zutiefst persönlichen Blick auf sein Sujet und verwebt die Welt des Kinos seiner Heimat mit der iranischen Realität unter Shah Mohammad Reza Pahlavi. Dabei findet er das Abbild einer Gesellschaft auf der Suche nach seiner eigenen Identität. Eine Suche, die ihr vorläufiges Ende am 19. August 1978 fand, als das „Cinema Rex“ in Abadan einem Terroranschlag zum Opfer fiel, bei dem hunderte Menschen starben. Ein Schlüsselereignis der islamischen Revolution, die schließlich das Regime des Shahs stürzte und unter anderem auch die Welt des Kinos im Iran für lange Zeit verstummen ließ.

Gavaznhā / Die Hirsche
„Gavaznhā“ von Masoud Kimiai entstand bereits 1974, war jedoch ein so großer Erfolg, dass er die gesamten 1970er Jahre immer wieder in den iranischen Kinos gezeigt wurde. So auch am 19. August 1978 im „Cinema Rex“, als dieses einem Brandanschlag zum Opfer fiel, bei dem über 400 Menschen starben.
Behruz Vossoughi, der größte iranische Filmstar des prä-revolutionären Irans, ist der drogenabhängige Seyed, der seine Sucht mit Gelegenheitsjobs finanziert. Eines Tages bekommt er Besuch von seinem alten Freund Ghodrat (Faramarz Gharibian). Einst war Seyed für Ghodrat Idol und Beschützer. Jetzt ist Ghodrat wieder auf die Hilfe seines Jugendfreundes angewiesen, denn er hat eine Schussverletzung und ist auf der Flucht vor der Polizei…
Nach seiner Premiere auf dem „Tehran International Film Festival“ im November 1974, waren es nicht nur die Zuschauer_innen, die den revolutionären Unterton in Kimiais Film fanden: die berüchtigte SAVAK, die Geheimpolizei des Shahs, verhaftete den Regisseur und zwang ihn, das Finale seines Films zu ändern. Das schmälerte jedoch nicht den Erfolg der siebten und letzten Zusammenarbeit von Kimiai und Schauspieler Behruz Vossoughi. Bis heute gilt „Gavaznhā“ als eine Sternstunde nicht nur des iranischen Kinos der 1970er Jahre, sondern des iranischen Kinos überhaupt.
Außerhalb seines Produktionslandes kaum gesehen, bietet „Filmfarsi“-Regisseur Ehsan Khoshbakht über 40 Jahre nach der folgenschweren Vorstellung des Films im „Cinema Rex“ die Möglichkeit, „Gavaznhā“ auch außerhalb des Iran auf der großen Leinwand zu sehen.

(Textverantwortlicher: CP)