„Weil ich träume, bin ich nicht.“ Mit diesem Satz katapultiert sich der Junge Léolo Lauzon immer wieder aus der Realität und träumt sein Leben. Und „… wir wissen, und Léolo weiß es auch: Mächtiger als die Realität sind die Worte, die Träume.“ Anne Frederiksen, DIE ZEIT
Léolo wächst im Armenviertel von Montreal inmitten einer monströsen Familie auf. Seine Familienmitglieder erscheinen ihm wie fremde Menschen, weshalb er sich in seine eigene Phantasiewelt zurückzieht. Er reiht Worte aneinander, notiert Gedanken auf Papier, die er dann in Mülleimer wirft. Dort findet sie ein alter Mann – der Dompteur der Verse. Dieser ist nicht nur Léolos Traumarchivar. Er sammelt weggeworfene Bilder und Briefe von Menschen, um gegen die Unterdrückung der Poesie und die tristen Windmühlen der Realität zu kämpfen. „Man muss träumen, Léolo! Man muss träumen!“ rät ihm der Dompteur der Verse und versucht damit, Léolo vor dem möglichen Abgrund zu retten.
Der Film erregte international Aufsehen und errang bei Publikum und Kritiker_innen einen durchschlagenden Erfolg. Er trägt viele autobiographische Züge des Drehbuchautors und Regisseurs Jean-Claude Lauzon, für den die Arbeit am Film wie eine befreiende Therapie war: „Léolo hat mir außerordentlich gut getan. Der Film hat viel Aggressivität in mir abgebaut. […] Ein Künstler schafft es, Sachen zu machen, die viele Leute auf der Couch eines Psychiaters machen.“ Obwohl „Léolo“ nach „Night Zoo“ (1987) erst sein zweiter Film war, war es zugleich sein letzter: Lauzon, damals einer der vielversprechendsten Regisseure Kanadas, kam im Alter von 43 Jahren bei einem Flugzeugabsturz ums Leben.