Anita G., Jüdin, ist von „drüben“ in den Westen gekommen. Mit ihrem Koffer in der Hand lernt sie bei Begegnungen mit seltsamen Menschen ein seltsames Land kennen: die BRD des Jahres 1966. Der „Abschied von gestern“, den Alexander Kluges Spielfilmdebut formuliert, ist historisch keine leichte Sache, selbst wenn man an die „Stunde Null“, die „Gnade der späten Geburt“ oder das „Wirtschaftswunder“ glaubt. Anita G. aus der DDR, ist die Personifikation dieser verdrängten Vergangenheit, weshalb ihr die Voraussetzungen fehlen, sich erfolgreich in die bundesdeutsche Gesellschaft einzugliedern. Daß sie aneckt, ist nicht ihre Schuld. Wie sie aneckt, zeigt „Abschied von gestern“ anhand fast schon dokumentarischer Szenen, die von einem souveränen Gespür für die grotesken Momente des Alltags zeugen. U.a. mit dem hessischen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, ohne dessen stetiges Engagement die Frankfurter Auschwitzprozesse (1963–1981) nicht zustande gekommen wären.
„Abschied von gestern“ wird als Meilenstein und Klassiker des „Neuen Deutschen Films“ beschrieben, der in Erzählweise und Stil neue Wege einschlug.
(Textverantwortliche: KE)