Im Rahmen seiner über zehnjährigen Recherche und Dreharbeiten zu seinem epochalen Werk „Shoah“, wurde von Lanzman, neben „Sobibor, 14. Oktober 1943, 16 Uhr“ und „Vier Schwestern“, auch ein weiterer beeindruckender Film aus dem ungenutzten Material zusammen gestellt.
In „Ein Lebender geht vorbei“ wird Maurice Rossel vom Internationalen Komitee des Roten Kreuzes von Claude Lanzmann zu seiner Rolle als Inspekteur der Konzentrationslager befragt, genauer gesagt zu seinem wohlwollenden Bericht über das „Vorzeigelager“ Theresienstadt.
Das zum Teil unter hoher Anspannung geführte Interview ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie durchdacht die Nazis ihr System der Vernichtung zu vertuschen suchten und wie willig und leichtgläubig ihr Angebot der Täuschung von vielen Zeitgenoss_innen angenommen wurde.
Gleichzeitig spiegelt der Film Lanzmanns Kritik am historischen Dokumentarfilm wider, der vorgibt, eine sachliche und neutrale Beschreibung des Holocausts zu ermöglichen. Exemplarisch sei hier nur auf die kommentarlose Verwendung von originalem Filmmaterial in aktuellen Dokumentationen verwiesen, das aus klassischer Täterperpektive aufgenommen wurde. Eine von vielen für Lanzmann unvorstellbare Herangehensweise.
Wir zeigen den Film zusammen mit der „Antifa AG“ der Uni Bielefeld im Rahmen der Ausstellung „Warum schreibst Du mir nicht?“, die vom 05.11.2018 – 20.01.2019 in der Volkshochschule Bielefeld präsentiert wird. Weitere Infos zu der Ausstellung: www.vhs-bielefeld.de.
Das gesamte Rahmenprogramm findet ihr hier.