Kurzfilmabend: „wann kamst du an?“, „Kirschknochen“ & „Friends of Frozen Conflicts“
Kurzfilmabend: „wann kamst du an?“, „Kirschknochen“  & „Friends of Frozen Conflicts“ Still

Kurzfilmabend mit Gästen!

Filme:
Friends of Frozen Conflicts, Regie: Klaus Erika Dietl, Stephanie Müller (D/Georgien 2019, 28:49 Min., digital, deutsch/georgisch mit engl. Untertiteln)
Kirschknochen, Regie: Evgenia Gostrer (D 2021, 17:35 Min., DCP)
wann kamst du an? Ein Essayfilm über das Ankommen als Migrantin, Regie: Serafima Rayskina (D 2023, 15:58 Min., digital, deutsch/russisch mit de/ru Untertiteln)

**Die Künstler_innen werden am Filmabend für ein Filmgespräch & Q&A zur Verfügung stehen!


Friends of Frozen Conflicts, Regie: Stephanie Müller und Klaus Erika Dietl in Kollaboration mit Nathalie Brechbühl, Paula Ďurinová, Nathalie Koger und Manuela Luterbacher

Das Grenzgebiet scheint zwar durchlässig, die Vegetation aber bis an die Zähne bewaffnet. Ankommen – dort, wo Deine Nachbar_innen Dir die Kloschüssel, den Besen und den Basketball wegnehmen – wenn Krieg ist.
Ein ausgebombtes Kino im Herzen von Zemo Nikozi, ein kleines georgisches Dorf, beschenkt mit reicher Ernte. Der letzte Film lief hier am 08.08.08. Dann brach der Krieg aus zwischen Russland und Georgien. Die Menschen mussten ihre Häuser verlassen und konnten nur hoffen, dass ihre geliebten Kühe überleben würden.
Ein Jahrzehnt lang hat niemand gewagt, die kaputten veilchenblauen Kinosessel zu verschieben. Als wir die Ruine im Herbst 2018 betraten, fanden wir die letzten Reste dessen, was früher ein beliebter sozialer Treffpunkt gewesen war: eine leere Halle, voller Taubenkot und Schimmel.
Heute gibt es keine öffentliche Vorführung mehr in Zemo Nikozi. Stattdessen verraten in den Mauern Einschusslöcher, was draussen vor sich geht. Die Kühe sind diejenigen, auf die die Dorfbewohner_innen Acht geben. Täglich ziehen sie früh morgens los und paradieren an der unsichtbaren Grenze entlang ins Niemandsland. Der Rhythmus der Tiere gibt Zemo Nikozi seine Struktur und lässt die Bewohner_innen dort, wo sie herkommen, wieder ankommen.

Kirschknochen, Regie: Evgenia Gostrer

Aus einer sehr persönlichen Perspektive erzählt die Filmemacherin in ihrem dokumentarischen Animationsfilm „Kirschknochen“ die Geschichte ihrer Familie, die als „jüdische Kontingentflüchtlinge“ aus der ehemaligen Sowjetunion Mitte der 1990er Jahre nach Deutschland kamen. Dabei tritt die Regisseurin in einen Dialog mit ihren Eltern, der im richtigen Leben nicht möglich wäre und bietet einen Einblick in weit mehr als eine besondere Einwanderung- und Familiengeschichte.
Evgenia Gostrer gelingt dabei eine kunst- wie reizvolle Verwebung der unterschiedlichen Materialien und Vermittlungsformen. Die dichte Erzählung und die minimalistischen Bilder ergänzen sich hervorragend zu einer künstlerischen Vision, die darüber hinaus einen persönlichen, intimen Zugang zur Lebenswelt der Filmemacherin selbst ermöglicht.“ Filmbewertungsstelle

wann kamst du an? Ein Essayfilm über das Ankommen als Migrantin, Regie: Serafima Rayskina
Die Erstaufnahmeeinrichtung als Ort des Wartens.
Es stehen viele Angekommene hinter jeder einzelnen Silhouette. Sie sind Stellvertreter_innen der migrierten. Sie sind Ordner und Akten in dem bürokratischen Wesen der Migrationsbehörden. Die Erstaufnahmeeinrichtung als ein Ort zwischen den Leben. Dort wo die Erinnerung wegfällt bleibt eine Lücke für die Menschen. Diese Abwesenheit erzählt von dem Dazwischen. Zwischen dem Verlassen des alten Lebens und dem Ankommen in der neuen Gesellschaft. Der Alltag in der Erstaufnahmeeinrichtung ist Teil dieses Wartens: das Warten auf das Weitergehen, auf ein neues Leben in einem neuen Land, auf eine neue Unterkunft, eine neue Stadt. Die der Künstlerin fehlende Erinnerung an diesen Abschnitt ihrer Migration ist die Schnittstelle, über die der Film spricht.

Bildnachweis Landesstelle Unna-Massen / DOMiD-Archiv, Köln
Sprecherinnen: Serafima Rayskina, Lyudmila Timokhina
Foto Credits: Christian Sowa

(Textverantwortliche: KE)